Griechenlands Arbeitsminister Katrougalos wehrt sich gegen Forderungen des IWF, auf Vorrat noch mehr zu sparen. Dies würde nur zerstören, was an Dynamik geblieben sei.
Von Mike Szymanski
Das griechische Parlament hat in der Nacht zu Montag eine Rentenreform und Steuererhöhungen beschlossen. Das Land kommt Forderungen der internationalen Geldgeber nach, 5,4 Milliarden Euro einzusparen. Ob das reicht, um weiteres Geld aus dem dritten Hilfsprogramm zu erhalten, ist fraglich. Griechenland soll noch mehr sparen. Athen verlangt dagegen endlich den Einstieg in die Debatte über Schuldenerleichterungen für das Land. Der griechische Arbeitsminister Giorgos Katrougalos sprach mit der SZ über Erwartungen.
SZ: Die Opposition hat geschlossen gegen das Sparpaket gestimmt. Die Regierungskoalition ist auf sich allein gestellt, oder?
Giorgos Katrougalos: Das Ergebnis ist das beste, das wir erreichen konnten.
Was erwarten Sie nun von den internationalen Geldgebern?
Wir haben unseren Teil der Verabredung eingehalten. Nun erwarten wir von unseren Partnern, das Gleiche zu tun. Denn niemand kann infrage stellen, dass wir nicht geliefert hätten, was wir im Juli des vergangenen Jahres zugesagt hatten. Die Forderungen des Internationalen Währungsfonds nach weiteren Sparmaßnahmen auf Vorrat betreffen die Zukunft.
Griechenland pocht auf eine Umstrukturierung der Schulden. Warum ist das so entscheidend für Ihr Land?
Die Schulden belasten unsere Wirtschaft. Sie schrecken Investoren ab, nach Griechenland zu kommen. Sie fürchten, unser Land könnte schon bald wieder in Schwierigkeiten geraten. Als wir mit der Rettungspolitik 2010 angefangen haben, lagen unsere Schulden bei 128 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Heute sind es etwa 180 Prozent. Kein Land kann mit solchen riesigen Schulden leben.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist einer der größten Gegner eines Schuldenschnitts für Griechenland. Was erwarten Sie von ihm?
Ich bin zuversichtlich, dass alle Regierungen in Europa sich an ihre Verabredungen halten. Im vergangenen Jahr – als wir versuchten, das alte Sparpaket neu zu verhandeln – war ihr Hauptargument: pacta sunt servanda. Wir müssten uns daran halten, was unsere Vorgängerregierungen unterzeichnet hatten. Nun sagen wir: Pacta sunt servanda.
Der Internationale Währungsfonds verlangt nach zusätzlichen Sparmaßnahmen auf Vorrat. Aus Athen heißt es: Dies ist mit uns nicht verhandelbar. Wie weit sind Sie bereit zu gehen?
Der IWF verlangt Sparmaßnahmen auf Vorrat, weil er nicht daran glaubt, dass die bereits umgesetzten Reformen ihre Wirkung entfalten. Der IWF hatte auch unsere Prognosen für das Jahr 2015 infrage gestellt. Gerade erst hat das Europäische Statistikamt uns in unseren Annahmen bestätigt. Die Forderungen des IWF haben keine Grundlage. Wir respektieren voll und ganz die Verpflichtungen aus dem vergangenen Juli. Aber auch nicht mehr. Unsere Wirtschaft ist erschöpft. Sie verträgt keine weiteren Sparvorhaben. Alles Weitere würde nur zerstören, was unserer Wirtschaft an Lebenskraft und Dynamik geblieben ist.
Und was passiert, wenn zum Beispiel Schäuble und einige EU-Länder sowie der IWF dennoch darauf bestehen?
Ich möchte daran erinnern, dass Sigmar Gabriel, Deutschlands Vizekanzler, am Wochenende unsere Haltung unterstützt hat. Ich erwarte, dass dann auch andere – selbst jene, die Schwierigkeiten damit haben, unsere Position zu akzeptieren – ihm folgen werden. Ich sage das, gerade weil wir eine bindende Verabredung haben, zu der wir alle stehen müssen.
Werden wir 2016 in Griechenland wieder ein Referendum erleben oder sogar Neuwahlen?
Nein, nichts davon ist notwendig. Wir sind noch nicht lange an der Regierung. Im September waren Neuwahlen notwendig geworden, weil wir einen schmerzhaften Kompromiss mit den Geldgebern eingegangen waren. Wir wollten die Zustimmung der Bevölkerung. Wir haben das Mandat des griechischen Volkes zu regieren. Es gibt keinen Grund, weder für ein Referendum noch für Neuwahlen.